Gute Nachrichten für den Artenschutz
Ein Gastbeitrag von Verena Da Re, Studentin der Landschaftsplanung und Junge Partnerin der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen.
19.10.2022 – Die Sonne scheint warm auf die Rhöner Bergwiesen, vereinzelte Motorsegler kreuzen den hellblauen Himmel. Unterhalb der Wasserkuppe, wo die Fulda entspringt, begrüßt Sabine Riewenherm, die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, die Anwesenden. Beim Projektwettbewerb der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen hat es das Projekt „Rhöner Bergwiesen“ unter die drei Top-3-Projekte der ersten Wettbewerbsrunde geschafft. Für den Einsatz für die Wiederherstellung und Erhaltung wichtiger Lebensräume soll es eine Auszeichnung erhalten.
Angrenzend an die Grasflächen sehen wir die Überreste eines gerodeten Fichtenforsts. 4,5 Hektar Wald müssen weichen, um Platz für eine Bergwiese zu schaffen. Es sei einfacher, einen Wald in eine Bergmähwiese umzuwandeln als einen Acker, so Elmar Herget, der Leiter des Projekts. Denn ein Wald wird nicht gedüngt. Für viele Pflanzenarten ist jedoch eine magere Nährstoffversorgung notwendig. Daher ist das Ökosystem Bergwiese stark gefährdet und schwierig wiederherzustellen. Viele Vogelarten und seltene Schmetterlinge wie der Goldene Scheckenfalter leben hier. Vom Wachtelkönig sind es sogar 2/3 des Hessischen Bestands, die im Projektgebiet ihr Zuhause haben. Die hohe Populationsdichte kann sich so über das Projektgebiet hinaus verbreiten. Die gerodete Waldfläche wird andernorts neu gepflanzt.
Die Umwandlung von Wäldern in Bergwiesen ist nur eine von vielen Maßnahmen zur Gewinnung von Wiesenlebensräumen. Bereits bestehende, überdüngte Wiesen können auch über mehrere Jahre hinweg ausgemagert werden.
Einige Erfolge konnte das Projekt schon erzielen. Der Bestand einiger Vogelarten wurde hier um 20 Prozent erhöht und es wurden bereits 100 Hektar Lebensraum wiederhergestellt. Dafür wird eng mit Landwirt:innen, Naturschützer:innen, Jäger:innen und Politiker:innen zusammengearbeitet. Stark genutzte Flächen werden weniger bewirtschaftet. In Gebieten mit besonderer Bedeutung für Bodenbrüter werden Prädatoren wie der Waschbär und der Fuchs gejagt. Wildkatzen, die in eine Falle getappt sind, werden wieder freigelassen.
Ohne Landwirt:innen wäre Artenschutz auf den Bergwiesen nicht möglich. „Für mich ist der schonende Umgang mit der Natur ein Muss, weil wir nur eine Erde haben“, betont Landwirt Winfried Schiffhauer stellvertretend für viele weitere Landwirt:innen. Sie düngen weniger, mähen später und insektenschonender. Man müsse mit weniger zufrieden sein, so Schiffhauer. Doch ohne Subventionen ist eine solche extensive Nutzung nicht möglich.
Der Staatssekretär des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Oliver Conz, lobt diese wertvolle Arbeit für den Artenschutz. Das Ministerium fördert das Projekt finanziell mit insgesamt 3,3 Mio. Euro.
Es sei notwendig, dass Menschen die Natur erfahren und verstehen, um einen Bezug zu ihr zu erhalten. Sie für einen schonenden Umgang mit der Natur zu sensibilisieren, sei wichtig, so Landrat Bernd Woide. Hierzu wurden in den letzten Jahren 30 Naturführer in den Bergwiesen ausgebildet.
Schließlich übergab die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Sabine Riewenherm, dem Projektleiter die anerkennende Urkunde.
Die Preisverleihung wurde mit einer Fahrt zum neu eingeweihten Wanderweg „Extratour“ direkt am Dreiländereck Hessen-Thüringen-Bayern abgerundet.