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Kultur- und Agrarlandschaften

Entwicklung und Evaluierung insekten- und spinnenfreundlicher Mähtechniken als Beitrag zu einer nachhaltigen Form der landwirtschaftlichen Grünlandnutzung

Baden-Württemberg

Eine Reihe von Studien belegt, dass ein Großteil der auf landwirtschaftlichem Grünland lebenden Insekten und Spinnen bei der Mahd verletzt und/oder getötet wird. Daher ist davon auszugehen, dass es durch die Häufigkeit und Umfang der Mahd auf intensiv genutztem Grünland zu einem „Überfischungseffekt“ gekommen ist, der maßgeblich zum Insektenrückgang beigetragen hat. Dieser Aspekt ist bislang in der Diskussion über den Insektenschwund vernachlässigt worden. Um dem Insekten- und Spinnensterben auf unseren Grünlandflächen entgegenzuwirken, entwickeln und evaluieren wir ein insekten- und spinnenschonendes Scheibenmähwerk. Das Scheibenmähwerk wird so modifiziert, dass durch eine verbesserte Luftführung weniger Insekten und Spinnen angesaugt und getötet werden. Für dieses Mähwerk wird weiterhin eine wirksame Insektenscheuche konstruiert, die Insekten zur Flucht vor dem Mähwerk veranlassen soll. Wir erwarten, dass die zu entwickelnde optimierte Insektenscheuche und das modifizierte Mähwerk die durch die Mahd verursachten Biodiversitäts- und Biomasseverluste im Grünland signifikant reduzieren können. Bei Übernahme der entwickelten Mähtechnik durch Mähmaschinenhersteller kann das Projekt mit geringen wirtschaftlichen Einbußen der Produktivität einen erheblichen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt und den Erhalt von Ökosystemfunktionen von Grünland leisten.

InsectMow | Mit verbesserter Technik zu mehr biologischer Vielfalt auf GrünlandflächenFoto: M. Sann & J. Frank

Details

Projektträger:
Universität Hohenheim
Adresse:
Garbenstr. 30
70599 Stuttgart
Förderprogramme:

Das Projekt InsectMow wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUV) gefördert.

Kooperationspartner:
Prof. Dr. Oliver Betz (Universität Tübingen), Prof. Dr.-Ing. Stefan Böttinger (Universität Hohenheim) & Prof. Dr. Johannes Steidle (Universität Hohenheim)
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Projektbeschreibung

Hintergrund:

Bis zum Ende der 90er Jahre gab es kaum Literatur zu den Auswirkungen verschiedener Mähgeräte auf die Grünlandfauna und deren traktorbedingte Schädigung (Tyler et al. 1998; Oppermann und Claßen 1998). In den darauffolgenden Jahren rückte die Bedeutung des Grünlandes für den Erhalt und die Förderung von Biodiversität immer stärker in den Fokus (Oppermann und Claßen 1998; Humbert et al. 2010c). Um die bisherigen Unsicherheiten über die mahdbedingte Schädigung zu beleuchten, wurden mehrere Untersuchungen mit dem Ziel durchgeführt, Verluste der Grünlandfauna zu erfassen und praxisorientierte Empfehlungen zur Schonung der Flora und Fauna zu erstellen (Bsp. Fluri et al. 2000; Oppermann & Krismann 2001; Humbert et al. 2009). Die praktische Umsetzung einer tierschonenden Mahd stellt in Deutschland mit einem Dauergrünlandanteil von ca. 28,5 % (Stand 2020, Umweltbundesamt 2021) der landwirtschaftlichen Fläche eine Herausforderung dar. Aber gerade Grünlandflächen wie Streuobstwiesen oder magere Trockenrasen sind durch die strukturelle Vielfalt und die zeitlich gestaffelten Blühabfolgen besonders wertvolle vom Menschen geschaffene Lebensräume für viele Vogelarten, Amphibien sowie eine Vielzahl wirbelloser Tiere wie Spinnen und Insekten (van de Poel und Zehm 2014). Letztere haben in den vergangenen Jahren besonders viel Aufmerksamkeit erweckt, v.a. durch die Studien von Hallmann et al. (2017) und Seibold et al. (2019), die auf den massiven Rückgang der Arten- und Individuenzahlen in diesen Gruppen hingewiesen haben. Heute liefern mehrere Studien Belege dafür, dass ein Großteil der auf landwirtschaftlichem Grünland lebenden Insekten und Spinnen bei der Mahd verletzt und/oder getötet wird (Tscharntke et al. 2021; Steidle et al. 2022; Blüthgen et al. 2022).

Ziele:

Hauptziel unseres Verbundprojektes ist der Erhalt des Ökosystems auf landwirtschaftlich genutztem Grünland durch die Minimierung der regelmäßigen erheblichen Verluste an Insekten und Spinnen durch die Mahd. Dazu sollen folgende Teilziele erreicht werden:

1. Die Entwicklung einer effektiven Insektenscheuche, die Insekten zur Flucht vor dem Mähwerk veranlasst.

2. Die Entwicklung eines modifizierten Scheibenmähwerks mit verbesserter Luftführung soll verhindern, dass Insekten und Spinnen vom Boden angesaugt und getötet werden.

3. Durch die Entwicklung standardisierter, tierökologischer Erfassungsmethoden im Grünland und die erstmalige Erhebung belastbarer Daten werden nicht nur kurzfristige Effekte sondern auch die mittel- und langfristige Wirkung des modifizierten Mähwerks getestet.

Industriepartner:

Die CLAAS Saulgau GmbH stellt für unser Projekt das notwendige Scheibenmähwerk zur Verfügung und wird mit uns die Möglichkeiten zur Aufnahme der entwickelten Insektenscheuchen am Mähwerksrahmen diskutieren. Generell wird auf eine einfache und kostengünstige Umsetzung geachtet um eine spätere Umrüstung und Serienherstellung zu erleichtern. Die Umstellung auf eine insektenschonende Mähtechnik soll für LandwirtInnen ohne größere finanzielle Einbußen attraktiv sein und eine wesentliche Ursache des Insektensterbens beheben. In Kooperation mit der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft DLG e.V. soll die neuentwickelte Mähtechnik Eingang in den Markt finden und ein standardisiertes Testverfahren für insektenschonende Mähtechnik sowie ein Nachhaltigkeitslabel hierfür entwickelt werden.

Vorarbeiten:

Eine vielversprechende insektenschonende Mähtechnik entwickelte die Firma MULAG Fahrzeugwerk (Heinz Wössner GmbH & Co. KG) und brachte sie in Form des Böschungs-Mähkopfes ECO 1200 für die Mahd von Straßenrändern auf den Markt. In Kooperation mit der Firma MULAG verglichen Initiatoren des Projektes „InsectMow“ den ECO 1200 mit dem herkömmlichen Mähkopf des gleichen Herstellers. Letzterer verursachte je nach Insektengruppe Mahdverluste bis zu 73 %. Beim ECO 1200 konnten für Spinnen, Wanzen, Zikaden und holometabole Larven hingegen keine signifikanten Mahdverluste festgestellt werden. Für Fliegen und Hautflügler konnte zumindest eine Verminderung der Schädigungsrate festgestellt werden. Der technisch verbesserte Mähkopf stellt somit eine Alternative für die Kommunaltechnik dar. Diese Ergebnisse sind wegweisend und zeigen die Möglichkeit und Dringlichkeit auf, auch auf intensiv bewirtschafteten Grünlandflächen durch eine verbesserten Mähtechnik Insekten- und Spinnenverluste zu reduzieren und damit biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen zu erhalten und zu schützen.

Dokumente

Plakat_A1_VF-InsectMow_20220509v3.pdfGröße 4339 KB
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